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Musik von A bis Z: D
Mit dem Ersten Weltkrieg fand zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine abscheuliche Schlacht statt. Einige Künstler lehnten sich gegen diesen Horror auf. Ihnen fiel auf, dass viele Kunstliebhaber und Mitglieder der sogenannten intellektuellen Elite oft diejenigen sind, die diesen Krieg in der einen oder anderen Art mitorganisieren oder von ihm profitieren. Gescheiterte Zivilisation, stellen die Künstler fest: Die Kunst ist fest in der Hand der Kriegführenden – auf zur Anti-Kunst also, zum Anti-Krieg, zum Anti-Alles!
Obwohl dieser Aufbruch nihilistisch klingt, verlieh er der Kunst der 20. Jahrhunderts einen unvergleichlichen Schub. Nicht nur der Kunst, und nicht nur im 20. Jahrhundert: Noch heute berufen sich Komiker auf Dada, und auch das Fernsehen (wenn auch nicht oft auf kreative Art und Weise), frischt seine Sendungen mit einer angenehmen Brise aus Hohn und Spoot auf. Was ist aber mit der Musik?
Dadaistisches Manifest, Cover
Mais tout cela reste réglé… comme du papier à musique. Le compositeur Erik Satie (1866-1925) côtoie les dadaïstes. Il crée le scandale lorsqu’il introduit, dans l’orchestre du ballet Parade, une machine à écrire, des coups de pistolet, une roue de loterie, des klaxons et une sirène de police et un bouteillophone.
Musik ...
Der Gründer der Dada-Bewegung, Tristan Tzara, sagte «das beste System hat man dann, wenn man aus Prinzip kein System hat». Aber die Musik basiert auf Prinzipien, Regeln, sie ist durch die Gesetze der Harmonie und den Kontrapunkt ausgeglichen. Gleichzeitig zur Gründung der Dada-Bewegung im Jahr 1916 im Cabaret Voltaire in Zürich explodiert auch die Musikwelt. Hier Wien – mit neuen Theorien von Schönberg, da Strawinsky mit seinen Rhythmen aus dem Sacre du Printemps. Aber beides bleibt wohlgeordnet ... bis zu Erik Satie (1866-1925). Er sorgt für einen wahr.en Skandal, als er für das Ballett «Parade» eine Schreibmaschine, Revolverschüsse, ein Lotterierad, Hupen und Sirenen und ein Bouteillophone einsetzt.
Ein Auszug aus dieser unerwartet poetischen Musik:
https://www.youtube.com/watch?v=cyH6MCM5CxQ&ab_channel=classic-intronet
Satie erscheint am Anfang eines durch und durch dadaistischen Filmes von René Clair, «Entr'Acte». Mit seinem üblichen Outfit, Kneifer und Melone, inspiziert er Seite an Seite mit Francis Picabia eine Kanone. Die Musik dazu stammt natürlich von Erik Satie:
https://www.youtube.com/watch?v=mpr8mXcX80Q&ab_channel=TheWelleszCompany
Weitere junge Komponisten folgen Satie, darunter ist Darius Milhaud der mit dem grössten Engagement. Er arbeitet an der Revue «L’œil cacodylate» mit, sein Interesse für die experimentelle Musik lässt ihn aber brasilianischen Rhythmen und den Jazz-entdecken sowie politonale Erfahrungen sammeln.
... oder Poesie?
Die wahre dadaistische Musik steht nicht etwa in Partituren, sondern in Gedichtbänden. Mit ihren Bildern und Collagen schaffen sie geradezu vokale Variationen. Und während die Gedichte rezitiert wurden, schlugen einige Dadaisten so hart auf die Trommel, dass der Erzähler schreien musste, um sich Gehör zu verschaffen. Gleichzeitig wurden weitere Gedichte rezitiert, was eine Form der Polyphonie schuf. Andere Dichter verabschiedeten jegliches bedeutsame Wort aus ihren Werken und reihten stattdessen konsonanten und Vokale aneinander mit dem Ziel, eine Art neue Sprache zu kreieren, mit neuen Rhythmen und Klängen. Eines der Gedichte des Malers Kurt Schwitter hat einen musikalischen Titel : «Ursonate»
https://www.youtube.com/watch?v=TfyL3xBP1dY&ab_channel=CarminaSlovenica
Dadaistische Collage
Schwitters Ursonate
Amiral
L'amiral cherche une maison à louer, Huelsenbeck/Jancp/Tzara 1916
Kurt Schwitters Plakatgedicht
T. Dagon / Übersetzung: F. Frey