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Musik 30.09.2017

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Musik von A bis Z: E

C D E F G A H C. Warum nicht A B C…? Das B in der deutschen Notenschrift ist das tiefalterierte H (das international nicht als H, sondern als B geschrieben wird). Und schon sind wir mitten in der Sache. Und was ist mit dem A? Sicher ist, ist dass das A eine wichtige Note ist, auch wenn die meistgebrauchte Tonleiter mit einem C beginnt. Warum genau? Um eine Antwort darauf zu erhalten, besucht man am besten ein Orchesterkonzert. Haben sich die Musikerinnen und Musiker einmal installiert, bevor sie mit der Interpretation der sechsten Sinfonie von Beethoven oder dem Wunderbaren Mandarin von Béla Bartók beginnen, passiert etwas Wichtiges. Der erste Oboist stimmt ein A an. Darauf spielen auch alle anderen ein A. Ebenso gibt die Stimmgabel des Chorleiters ein A. Warum aber ein A? Alle Streicher (Violinen, Bratschen, Celli und Kontrabässe) haben ein A als leere Seite. Weil diese Seite gemeinsam ist, hat man sich darauf geeinigt, diese als Stimmton zu gebrauchen. Das A ist also zentrale Note in der Musik.   

Interessant ist auch, dass die deutschen Buchstaben die auf den ersten Blick geheimnisvoll wirkende Schreibweise der Notenschlüssel beeinflusst haben.

G-Schlüssel

F-Schlüssel

C-Schlüssel

Schlüssel im Vergleich

Do re mi?

Und die französischen Notennamen? Do, Re, Mi, Fa, So, La, Si, Do. Während in den lateinsprachigen Ländern (Frankreich, Spanien, Italien, Portugal) die Silben Do, Re, Mi absolute Tonnamen darstellen (Das Do ist immer ein C, das Re immer ein D usw.), bezeichnen diese im relativen Solmisationssystem immer den Grundton einer Dur-Tonleiter. Somit ist in D-Dur das D = Do, in A-Dur das A = Do usw. Die Bezeichnungen Do, Re, Mi... gehen auf den im elften Jahrhundert lebenden Mönch Guido von Arezzo zurück. Er hatte die Idee, die Noten der Tonleiter mit den Silben eines bekannten Johanneshymnus, dem Hymnus zu Ehren des Heiligen Johannes des Täufers, zu bezeichnen, um die Lage der sechs Töne einprägsamer zu machen. Damit entwickelte er ein System zum Blattsingen unbekannter Melodien.

Hymne zu Ehren des Heiligen Johannes den Täufer

Guido von Arezzo verwendete die erste Silbe von jedem der sechs ersten Halbzeilen (Ut, Re, Mi, Fa, Sol, La) für sein Solmisationssystem. Das Si, dessen Name aus den beiden ersten Initialen des letzten Vers zusammengesetzt ist, wurde am Ende des 17. Jahrhunderts hinzugefügt. Das Ut wurde später durch das Do ersetzt, da diese Silbe einfacher zu singen war. Einige vertreten die Ansicht, dass das Do vom italienischen Musiker Doni stammt, man findet dieses aber schon vor Lebzeiten des Musikers. Viel wahrscheinlicher ist, dass das Do von Dominus stammt. Das Do ist die einzige Note, deren Name geändert wurde.

Die Bezeichnung Ut wird im Französischen immer noch als Terminus Technicus verwendet wie z.B. der „Clé d‘Ut“ (C-Schlüssel) oder eine Symphonie in „Ut mineur“ (C-Moll).

Eine höchst interessante Entdeckung machte der Schweizer Musikwissenschaftler Jacques Viret in seinem Buch „Le chant grégorien“, publiziert in 2012. Der Wortlaut des Hymnus enthält seinen Analysen zufolge ein Kryptogramm, d.h. einen versteckten Sinn. Im Zentrum steht die Silbe Sol, die auf Lateinisch „Sonne“ bedeutet und auch durch die Kreisform des im Zentrum stehenden Buchstabens O das Bild der Sonne evoziert. Der Buchstabe O ist der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets, nämlich: Omega. Zusammen mit dem ersten Buchstaben Alpha, der im Mittelalter „Alfa“ geschrieben wurde, ergibt sich die Selbstbezeichnung Gottes aus der Offenbarung: „Ich bin das Alpha und Omega.“ In der Hymne steht das Sol zwischen dem Fa und dem La, die in Spiegelschrift genau das Wort Alfa ergeben.

Die vorangehende Silbe Mi vereint die beiden Buchstaben M und I, die in der lateinischen Nummerierung die grösste (M, tausend) und die kleinste (I, eins) Zahleneinheit darstellen. Sie ist als Bild des Makrokosmos und des Mikrokosmos zu verstehen, als Repräsentation des Universums.

Die zwei Silben des letzten Vers SANcte IOhannes bilden zusammen – und gelesen wie das Alfa, jedoch von Innen gegen Aussen –, das Wort Ionas, den Namen des Propheten Jonas, der nach drei Tagen den Bauch eines Wals lebend verliess. Dies kann als Sinnbild verstanden werden für die Wiederauferstehung Christi und auch als Wiedergeburt des Frühlings nach dem Winterschlaf.

Fügt man schliesslich die Silben Ut und Re an das Sol und Io, erhält man in anderer Ordnung das Wort „RESOLUTIO“. Dieses Wort bezieht sich auf das grundlegende Mysterium der Natur, nämlich die Auflösung der Elemente im Tod und ihren Übergang in ein neues Leben (Tod / Auferstehung / Zyklus der Jahreszeiten etc.). Die Wörter RESOLUTIO / ALFA-OMEGA können als christliches Kreuz dargestellt werden:

RE

LA SOL FA

UT

IO

Die Widmung des Hymnus’ für den Heiligen Johannes den Täufer trägt zusätzlich zur Bedeutung des Kryptogramms bei. Das Fest dieses Heiligen fand in der Sommersonnenwende statt, die mit Volksfesten der jahreszeitlichen Mysterien zusammenfällt. Mit der Wahl dieser Hymne für sein Solmisationssystem verlieh Guido von Arezzo den bereits symbolisch hochbedeutsamen Silben einen zusätzlichen Wert.

 

Thierry Dagon