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Musik von A bis Z: V wie Vibrato
Klassischer Sänger*innen sind ohne Vibrato kaum vorstellbar. Im folgenden Beispiel sieht man, dass das Vibrato ein integraler Bestandteil von Nicolaï Geddas warmer Stimme und unfehlbarer Technik ist, hier in der berühmten Arie « Anges du Paradis» aus Charles Gounods Oper Mireille.
https://www.youtube.com/watch?v=H6SCWf_MDoE&list=PLPW8uZMEDKPTRCZ7yYaBXpP7A9pS7pd3U&index=2&app=desktop
Wenn es kein Vibrato gäbe, wäre die Stimme hart, kalt und flach. Es ist kein Effekt, sondern Zeichen einer kultivierten und gesunden Stimme; zwei Qualitäten, die auch in anderen Musikstilen zu finden sein sollten. Vibrato ist nicht das Vorrecht der klassischen Sänger*innen. Hier ein Beispiel mit der grossen Dame des Jazz Ella Fitzgerald:
https://www.youtube.com/watch?v=wG0pmICfH7o
Definition
Das Vibrato ist eine Wellenbewegung der Intensität und Grundfrequenz des Tons. Sie tritt mehrmals pro Sekunde auf. Seine Amplitude beträgt einige Hertz und übersteigt nicht einen Viertelton. Andernfalls sagt man, dass die Stimme instabil ist, dass sie «wackelt».
Wie?
Das Vibrato ist das Ergebnis eines Gleichgewichts in der Muskelarbeit zwischen zwei antagonistischen Muskeln im Kehlkopfbereich: den Muskeln Thyroarytaenoideus und Cricothyroideus. Diese Balance zeigt eine spannungsfreie Tongebung an. Das Vibrato ist also ein Barometer für die einwandfreie Funktion der Stimme. Das Skelett des Kehlkopfes verstärkt diese Schwingung.
Stil
Ein Vibrato ist ein Kennzeichen des westlichen klassischen Gesangs. Aber es wird auch, wie wir gesehen haben, bei einigen Jazz- oder Varietésängern verwendet. Je nach Ort und Stilrichtung können die ästhetischen Kriterien unterschiedlich sein: Ein Spezialist der Alten Musik wird sein Vibrato kontrollieren, wenn er alte Polyphonie singt (ein Vibrato würde der Reinheit der Intervalle, die in dieser Musik vorherrschen muss, nicht gerecht werden). In einigen traditionellen Musikrichtungen in China oder Japan wird unter anderem ein sehr breites Vibrato bevorzugt.
Verwechseln Sie nicht...
...Vibrato, Tremolo und Triller. Der Triller ist ein Ornament, das auf völlig kontrollierte Weise erzeugt wird und aus einer Schwingung eines Halbtons oder eines Tons besteht, je nach melodischem Kontext. Eine Sängerin, die einen Triller zwischen A und As ausführt, lässt den Ton in einer Spannweite von 25 Hz oszillieren (440HZ für A, 415 für As). Wenn sie einen Vibratoklang auf demselben A ausführt, schwingt die Notenfrequenz 4 oder 5 Hz auf jeder Seite von 440 Hz. Das Tremolo ist eine ruckartige Wiederholung eines Tones, die durch eine wiederholte Kontraktion der Membran oder durch die ruckartige Verteilung der Luft entsteht.
Es kommt vor, dass einige Sänger aus Mangel an einem natürlichen Vibrato versuchen, ein künstliches Vibrato aufzubauen. Durch zyklische Kontraktion der Bauchmuskeln kann der subglottische Luftstrom beeinflusst und eine Wellenbewegung erreicht werden. Das Ergebnis ist eher mechanisch und wenig überzeugend.
Chormitglieder
Professionelle Sängerinnen und Sänger haben offensichtlich ein Vibrato, das entsprechend dem gesungenen Stil eingesetzt wird. Hier sind zwei Beispiele für das berühmte «Va pensiero». Das erste wird von Amateuren ohne Vibrato in einem sympathischen Flashmob interpretiert.
https://www.youtube.com/watch?v=EpVUX5PHbUk
Das zweite Beispiel dieses Ausschnitts aus Verdis Nabucco wird von einem Opernchor gesungen.
https://www.youtube.com/watch?v=i0T81kGTzUg
In Bezug auf das populäre Musikrepertoire, das viele unsere Chöre pflegen, hängt es von der Stimmkultur der Sängerinnen und Sänger ab. Einige Dirigenten kultivieren diesen lebendigen Klang, andere halten ihn für altmodisch oder sprechen gar nicht darüber.
In seinem berühmten «Les chemins de la mer» leitete Abt Kælin den Chor «Chanson de Fribourg», dessen Klang unter anderem dank des Vibratos unter allen erkennbar ist.
https://www.youtube.com/watch?v=_zazNZ6xe6Y
Ein Vorbild für Instrumentalist*innen
Alle Instrumentalmethoden sprechen von der Nachahmung der Stimme. Dies betrifft vor allem das Vibrato, das je nach Instrument auf unterschiedliche Weise wiedergegeben wird: Schauen Sie einem Cellisten zu. Bei einem anhaltenden Ton bewegt sich der Finger regelmässig auf der Saite, um das Vibrato zu erzeugen. Dieser Wunsch, einen vibrierenden Klang nach Abbild der Sänger*innen zu erzeugen, hat sich im 19. Jahrhundert sehr stark entwickelt.
https://www.youtube.com/watch?v=WqY3yyckcvI
Thierry Dagon (Übersetzung: Isabelle Schmied)