Nachrichten

Jugend 19.10.2018

<< zurück

80 Jugendliche, zwei Leiter, eine Vision

Freitagabend in Graubünden: Ein Flügel, viele Stühle, etwa 80 Jugendliche gehen durcheinander, die beiden Chorleiter schauen zu. Wenn einer von ihnen klatscht, bleiben die Sängerinnen und Sänger stehen und stellen sich dem Nächsten im Raum vor. Nochmal ein Klatschen, weiterlaufen, nächster Klatscher, sich wieder vorstellen. Mit zwei bis drei gemerkten Namen geht es dann ans Einsingen und Proben. Zwei der Stücke sehen die Meisten zum ersten Mal, am nächsten Abend müssen sie schon sitzen. Mit freitagabendlicher Motivation werden Melodie und Aussprache geprobt.

Für Martin Wildhaber, Leiter der Jungen Stimmen Zürich, ist es etwas ganz Spezielles. Er selber hat früher im Bündner Jugendchor mitgesungen, hat bei dessen Leiter Martin Zimmermann die Matura gemacht und hat nun vor kurzem in Zürich seinen eigenen Jugendchor gegründet. Jetzt steht er Seite an Seite mit seinem ehemaligen Lehrer und Dirigenten. Für den anderen Martin ist es auch schön, seinen ehemaligen Schützling als Chorleiter zu sehen.

Jugendchöre in jedem Kanton

Beide Jugendchöre stehen seit der Gründung unter dem Patronat des kantonalen Gesangverbands. Auch in St. Gallen und im Jura gibt es einen solchen Jugendchor. Im Kanton Waadt und in Freiburg seien solche Chöre in den Startlöchern.

Sie sind aber eher Mangelware, meint Martin Zimmermann. Es gibt zwar überall viele Kinderchöre, doch im Alter von 18 bis etwa 25 fehlt in vielen Kantonen eine Art Anschlusschor.

Das will er, als Teil der Musikkommission der Schweizerischen Chorvereinigung SCV, gemeinsam mit der Schweizer Kinder- und Jugendchorförderung SKJF ändern. Ihr Ziel ist, dass es in jedem Kanton einen kantonalen Jugendchor gibt. So wollen sie jedem Jugendlichen die Chance geben, mit Gleichaltrigen zu singen. Dass es gut funktionieren kann, sieht man zum Beispiel auch in Österreich. Dort hat jedes Bundesland einen eigenen Jugendchor, alle singen auf sehr hohem Niveau.

Der Plan: Die Gesangverbände sollen eine Leiterin oder einen Leiter dabei unterstützen, einen Jugendchor auf die Beine zu stellen. Während der Leitersich auf das Musikalische fokussiert und die Jugendlichen motiviert, hilft der Verband bei der Organisation aus. Die SCV hat dazu ein Konzept entworfen. Weiter spricht die SCV auch einen Startbeitrag aus. Um die Jungen mit dem «Chor-Virus» zu infizieren, meint Martin Zimmermann, muss der Chor auch etwas bieten. Mit guten Auftritten und Events lässt sich das am besten erreichen.

Zwei Chöre, zwei Konzerte

Zurück nach Graubünden, es ist Samstagabend. Bei der Vorprobe in der Kirche Untervaz werden vor allem die beiden neuen Chorstücke geprobt. Einige Übergänge sitzen noch nicht ganz, etwas mehr als ein Probetag war vielleicht zu optimistisch bemessen.

20 Uhr, das Konzert beginnt. Für die Jungen Stimmen Zürich ist das einer der letzten Auftritte in ihrer Chorsaison. Die Noten sitzen, die Choreographie auch – ihr Programm kommt beim Publikum gut an. Für den Bündner Jugendchor ist es das erste Konzert mit neuem Repertoire. Viele schauen noch in die Noten, nicht jeder Übergang verläuft reibungslos. Tosenden Applaus gibt’s trotzdem. Auch die gemeinsamen Stücke begeistern das Publikum, auch wenn nicht alle Akkorde ganz rein klingen.

Das zweite Konzert findet im Grossmünster Zürich statt. Ein Zugwagen voller müder Sänger fährt am Sonntagmittag am Hauptbahnhof ein. Um noch ein paar Zuhörer mehr in das Grossmünster zu locken, gibt es am Bahnhof ein kleines Platzkonzert. Die letzten Flyer werden verteilt, bevor es zur Vorprobe geht.

Das Konzert verläuft ähnlich wie am Vortag. Auch in Zürich ist jede Bankreihe fast voll. Die Leute faszinieren vor allem die Stücke, die die Chöre auf der Empore singen. Am Schluss des Konzerts ernten der Bündner Jugendchor und die Jungen Stimmen Zürich auch in Zürich Standing Ovation.

 

Bündner Jugendchor: www.buejuchor.ch

Junge Stimmen Zürich: www.jungestimmen.ch

Bild: zVg

Bild: zVg

Flurin Clalüna