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Verband 09.05.2023

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Resultate der SCV-Umfrage zum Chorsingen

Alter der Chorsänger:innen, Kantone und Stadt-Land-Anteil

Es wird oft behauptet, dass Chorgesang nur etwas für Grauhaarige ist. Die Grafik bestätigt dieses Vorurteil: Die Mehrheit befindet sich in der Altersgruppe der 60-69-Jährigen. Das Ergebnis muss jedoch relativiert werden, denn dieser Newsletter wird wahrscheinlich weniger häufig von den jüngeren Chorsänger:innen gelesen.

Die zweite Grafik zeigt, wie viele Befragte aus den jeweiligen Kantonen kommen. In einigen Kantonen waren die Chorsänger:innen sehr reaktionsfreudig, in anderen weniger. Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren. Natürlich hängt dies mit der Grösse der kantonalen Gesangsvereinigung zusammen. Aber es ist sicher auch ein wichtiger Hinweis an das Team dieses Bulletins mehr Leser:innen aus den weniger stark vertretenen Kantonen zu gewinnen!

Interessant ist auch, dass über drei Viertel der Befragten auf dem Land wohnen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass ein Chor auf dem Land für die Menschen nebst dem Musikalischen auch eine wichtige soziale Qualität hat. In der Stadt gibt es zudem ein riesiges Freizeitangebot, das den Chorgesang zu einer von vielen anderen möglichen Beschädigungen macht.

Chortypen

Vor allem die weltlichen Chöre haben bei der Umfrage teilgenommen. Dies ist nicht weiter überraschend, da die SCV ursprünglich der Verband der weltlichen Chöre ist. Oratorienchöre und Spezialchöre sind oft nicht an einen Verband angeschlossen. Kirchenchöre sind meist bei Kirchenverbänden Mitglied. 

Chortreue

Der auf Langfristigkeit und Beständigkeit angewiesene Chorgesang passt nicht unbedingt in unsere schnelllebige Zeit. Ein Konzertprogramm muss in vielen Proben erarbeitet werden. Der Klang eines Chors bildet sich über mehrere Jahre. Daher ist Treue ein wertvolles Gut. Langjährige Chormitglieder verdienen grossen Respekt. Sie sind es, die ein grosses Repertoire kennen und ihr Wissen an die Neumitglieder weitergeben können.

Andererseits muss man sehr kritisch betrachten, dass im letzten Jahr niemand neu in einen Chor eingetreten ist. Ein Chor braucht nämlich nicht nur Beständigkeit, sondern gleichzeitig Entwicklung und Erneuerung, damit er weiter bestehen bleibt. Neumitglieder halten den Chor am Leben. Chöre, die es schaffen, Neumitglieder zu akquirieren, haben für die Zukunft ihres Chors vorgesorgt.

Gründe für Chorsingen als Hobby

Warum singen die Befragten überhaupt in einem Chor? Interessanterweise sind gesundheitliche und soziale Gründe bei fast allen Chorsänger:innen wichtig. Auch – aber etwas weniger – wichtig ist das Kennenlernen neuer Musik. Ebenso ist die Ablenkung vom Alltag bei zwei Dritteln der Befragten ein wichtiger Vorteil des Chorgesangs.

Eine Chorsängerin schrieb in den freien Antworten, dass der Chor seit 65 Jahren ihre zweite Familie sei! Andere betonen die Schönheit, unter einem gemeinsamen Projekt vereint zu sein, oder auch die Pflicht, als Chor beispielsweise bei Beerdigungen aufzutreten. Viele sprechen von der Energie und der guten Laune, die das Singen im Chor vermittelt. Ebenso wurde geschrieben, dass Singen dem Körper und Geist guttue. Eine Aussage, die durch zahlreiche Studien belegt ist.

Gründe für Eintritt in aktuellen Chor

Die Mehrheit der Befragten wählte ihren Chor aus wegen seines Repertoires. Am zweithäufigsten wählten die Befragten ihren Chor, weil die Mitglieder sympathisch sind. Etwas weniger als die Hälfte der Teilnehmenden wollte sich durch den Choreintritt in ihrem Wohnort integrieren. Wie sich zeigt, ist der soziale Aspekt neben dem musikalischen für den Grossteil der Sänger:innen wichtig. Nur ein Drittel geht in einen Chor, weil dieser einen renommierten Dirigenten oder eine Dirigentin hat und lediglich ein Fünftel trat in den Chor ein, um eine komplett neue Welt zu entdecken. 


Notenlesen 

Eine grosse Überraschung war, wie viele Chorsänger:innen Noten lesen können. 62% geben an, mit einer Partitur zurecht zu kommen. Fast zwei Drittel der Sänger:innen haben also eine gute theoretische Grundlage, um sich ein Werk rasch erarbeiten zu können.

16% der Befragten sind hingegen der Meinung, dass das Beherrschen der Notenschrift nichts nützt. Worin die Gründe für eine solche Aussage liegen, kann man nur mutmassen, aber offensichtlich haben diese Chormitglieder gute Strategien, um sich eine Partitur über das Gehör zu erarbeiten oder sie erhalten vielleicht Aufnahmen, um ihre Stimme nach Gehör einzuüben. 6% der Befragten haben Angst oder ein Unbehagen vor dem Notenlesen-Lernen und 16% sind daran interessiert, Kurse zu besuchen. So wären also knapp ein Viertel potenzielle Kursteilnehmer:innen. Dieses Ergebnis dürfte die einen oder anderen Kursleitenden dazu animieren, noch mehr Werbung für Kurse zu machen und vor allem Ängste bei Interessierten vorwegzunehmen und Kurse auf verschiedenen Niveaus anzubieten.

Erfahrung vor dem Choreintritt

Fast 70% der Befragten haben schon vorher gesungen oder ein Instrument gespielt. Immerhin ein knappes Drittel hatte vorher keine Berührungspunkte mit Chorgesang. Chorsingen ist also ein Hobby, das man auch gut ohne Vorerfahrung ausüben kann.


 

Einsingen

Erfreulich ist, dass praktisch alle Chorsänger:innen ein Einsingen erhalten. Es gehört heute zum Standard jeder Chorprobe und die Wichtigkeit und der Nutzen einer guten Aufwärmung der Stimme werden kaum mehr infrage gestellt.

Gesangstechnik

Stimmbildung interessiert zwei Drittel der Teilnehmenden. Häufig haben Chorleiter:innen ausreichend Gesangsunterricht genommen, um hilfreiche Einsingen durchzuführen zu können. Die meisten Kantonalverbände organisieren Kurse für Stimmbildung oder bieten die Möglichkeit, Gesangslehrer:innen zur Probe zu schicken. Dies sind sehr wichtige Angebote, denn eine gute Technik erleichtert das Singen enorm. Bei den offenen Antworten schrieben Chorsänger:innen unter anderem, dass sie durch Stimmbildungskurse mehr Möglichkeiten haben, Emotionen zu vermitteln. Andere beklagen, dass ihnen die Zeit fehlt, um Kurse zu besuchen.

Zeitschriften, Sendungen und Streamen

Nur ein kleiner Teil der Befragten liest Zeitschriften über Musik. Hingegen ist das Streamen über YouTube sehr beliebt. Dies ist leicht nachvollziehbar, denn Zeitschriften über Musik vermitteln Musik nur abstrakt über Schrift und Bild  im Gegensatz zu YouTube, wo man die meisten Stücke, die man im Chor lernt, in den verschiedensten Interpretationen nachhören kann.

Klassische Musik sowie Volksmusik im Radio und Fernsehen ist bei den Befragten weniger beliebt.  

Konzerte

Die Umfrage zeigt, dass Chorsänger:innen nicht sehr oft an Konzerte der von uns abgefragten Stile gehen. Am beliebtesten sind Konzerte mit Weltmusik, Chorkonzerte und Oper. Unter den verschiedenen Stilen, die wir aufgelistet haben, sind die Schweizer Volksmusik und der Jazz am wenigsten beliebt.

Durchschnittsporträt der typischen Chorsängerin* in der Schweiz

Mit einem Augenzwinkern soll zum Schluss ein aus allen Antworten zusammengefasstes Kurzporträt der typischen Schweizer Chorsängerin gezeichnet werden:


Die Schweizer Chorsängerin ist Mitte 60, wohnt in einem Freiburger Dorf und singt in einem weltlichen Chor. Sie ist seit über dreissig Jahren treu dabei, kann Noten lesen, weil sie als junge Frau bereits in einem Chor gesungen hatte. Sie ist sich bewusst, dass die Stimme ein wertvolles Gut ist, das es zu pflegen gilt. Sie würde gerne Stimmbildungskurse besuchen, wenn sich die Gelegenheit dazu bieten würde. Sie liest keine musikalischen Fachzeitschriften. Wenn sie Radio hört, dann keine klassische Musik oder Volksmusik. Stattdessen holt sie sich ihre Musik von YouTube. Sie ist eher häuslich und geht nicht oft an ein Konzert. Wenn sich die Gelegenheit bietet, geht sie an ein Blasmusikkonzert. Manchmal hört sie auch Opern. Sie mag weder Jazz noch Schweizer Volksmusik. Sie interessiert sich mehr für Weltmusik und Orchester.

* Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird die weibliche Form genannt, selbstverständlich sind alle Chorsänger:innen mitgemeint.

 

Schluss
Die Umfrage zeigte, dass die meisten Chormitglieder der Meinung sind, dass Singen dem Körper und Geist guttut und eine wunderbare Möglichkeit ist, dem Alltag zu entfliehen und Menschen zu treffen, die unterschiedlich sind, aber alle ein gemeinsames Ziel haben: die schönste Freizeitbeschäftigung der Welt!

Thierry Dagon und Isabelle Schmied